Story
Isabelle Meinitz aus der ehemaligen DDR, Maik Herrmann aus Gelsenkirchen und David Nash aus Parhump / Nevada. Jeder ein eigenes Leben in allen Facetten die es gibt. Höhen undTiefen, bis sie aufeinandertreffen, kurz bevor die Welt untergeht und schließlich begreifen, dass sie vieles doch anders machen hätten können. Doch der Abtrünnige, die “Furcht”, rast unerbittlich auf die Erde zu und es gibt kein Entrinnen mehr!
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Produktinformation
- Herausgeber : Rediroma-Verlag (25. März 2022)
- Sprache: : Deutsch
- Paperback : 606 Seiten
- ISBN-13 : 978-3-98527-505-2
Probekapitel
Altes Testament
1982
„Herrmann, der liegt noch nicht!“, schrie Maiks Mutter hinter ihm vom Balkon des Neubaublocks. Eigentlich wollte er doch nur der Chef in der Clique bleiben und hatte es Detlef, der ihm die Führung strittig machte, einmal richtig zeigen wollen. Umringt von allen Jugendlichen, hatte er ihm mit zwei gezielten Geraden die Nase blutig geschlagen. Sein Nebenbuhler gab den Anspruch auf. Doch Mutter wollte wie immer mehr, wollte den Detlef unbedingt vor ihrem Maik am Boden liegen sehen. Also ging er zurück und schlug noch drei-, viermal ordentlich zu, sodass von seinem Gegner fast nichts mehr übrig blieb, zumindest stand er nun nicht mehr. Die Meute johlte und Maik drehte sich zu Mutter um. Sie nickte nur kurz und verschwand durch die Balkontür wieder ins Wohnzimmer. Als Herrmann dann am späten Nachmittag nach Hause kam, drückte ihm seine Mutter mit den Worten „Haste dir verdient, Junge“ einen 10 D-Mark-Schein in die Hand.
Maik Herrmann wurde am 19.09.1967 geboren und wuchs als Mittlerer zwischen einem großen Bruder und einer kleinen Schwester auf. Meist nur „Herrmann“ genannt, war er in Gelsenkirchen, in der ehemaligen BRD groß geworden. Sein Vater war Wirtschaftspolitiker in Bonn, seine Mutter war Hausfrau.
Oh Gott, ich ertrinke!, dachte Isabelle, als sie kopfüber in der vollen Regentonne steckte. Es wurde eng, keine Chance mehr zu atmen, zumindest nur noch Wasser. Dies alles wegen der Gießkanne, die sie füllen wollte, die ihr aus der Hand geglitten und im Fass auf den Boden gesunken war. Als die Kanne sank, versuchte sie sie zu erhaschen und kippte dabei selbst vornüber. Die Kraft reichte einfach nicht aus, sich aus der Tonne zu befreien, denn das eigene Gewicht drückte sie immer tiefer hinein. Voller Verzweiflung hielt Isa die Luft an, schreien konnte sie ja unter Wasser auch nicht. Ihr ging alles noch einmal durch den Kopf, ihr ganzes bisheriges Leben, acht Jahre im Schnelldurchlauf. Nun erfasste sie Panik, die Angst, ein letztes Mal durchzuatmen im Wasser, bloß nicht sterben, die schöne Welt, ihre Katzen, den Hund, Hühner, Ziegen, die Wiese und Blumen und den Bach nie mehr wiederzusehen. Sie kämpfte, schüttelte, zappelte und versuchte irgendwie der Regentonne und somit dem sicheren Tod zu entkommen. Sie konnte einfach nicht mehr, öffnete reflexartig den Mund zum Atmen und nahm einen letzten tiefen Zug voller Wasser in sich auf. Im selben Augenblick zog es plötzlich an ihren Beinen und sie sah, kurz vor der Aufgabe, auf einmal prustend die schöne Welt wieder. Papa hatte sie in letzter Sekunde aus der Tonne gerissen und hielt Isabelle noch eine Weile kopfüber, sodass sie das ganze Wasser hustend aus sich herausbrachte. Ihr Vater legte sie dann erst einmal sanft in die weiche Frühlingswiese und gleich kam schwänzelnd ihr Schäferhund „Hasso“ und schleckte ihr das Gesicht ab. Vermutlich hatte ihr der Hund das Leben gerettet, indem er die Eltern alarmiert hatte. Mutter stand plötzlich auch mit da und schüttelte nur stumm den Kopf, wie immer, wenn mal was passierte. Vater jedoch nahm sie, so triefend nass wie sie war, in den Arm, und sie schluchzte erst einmal richtig los.
Isabelle Meinitz, am 21.03.1974 geboren, von allen immer „Isa“ gerufen, wuchs in der kleinen, idyllischen Gärtnerei im Haus ihrer Eltern in Lommatzsch bei Dresden in der ehemaligen DDR auf. Sie hatte als Nachzügler noch zwei wesentlich ältere Brüder. Ihre Mutter arbeitete in den Weinbergen bei Meißen und kümmerte sich um die kleine Gärtnerei auf dem eigenen Grundstück. Ihr Vater war Schlosser und Schweißer in der Landwirtschaft in Lommatzsch.
„Deinem Dad ist etwas zugestoßen, Dave, du musst jetzt sehr stark sein!“ David schaute seine Mutter an, die mit tränenüberströmtem Gesicht in der Küche ihres kleinen Hauses in der Vorstadt von Pahrump vor ihm saß. Er wollte an diesem sonnigen Tag einfach nicht glauben, dass die schöne Welt unerwartet so bitter sein konnte. Gerade eben, an diesem Montagnachmittag, kam er aus der Schule und war so glücklich gewesen, weil er nach der letzten Doppelstunde Musik die Zeit noch in seiner Projektgruppe Astronomie verbringen durfte. Mutter erzählte ihm alles haargenau. Sein Vater war bei einem Testflug eines modifizierten Typs des Abfangjägers Lockheed F-117 bei einem Wendemanöver mit der Maschine ins Trudeln gekommen und vermutlich ohnmächtig geworden, sodass er den Schleudersitz nicht mehr betätigen konnte. Er war daraufhin in der Wüste, in der Nähe der Basis von Area 51 abgestürzt. Zwei Kollegen der Basis waren, kurz bevor David nach Hause kam, bei Mutter gewesen und hatten ihr die traurige Nachricht überbracht. David dachte, wie schnell kann das Leben, trotz großer Visionen eines Einzelnen, vorbei sein. Er nahm seine Mutter einfach nur in den Arm und weinte mit ihr bitterlich. Von diesem Tag an war David mit seinen gerade einmal 12 Jahren erwachsen geworden.
David Nash, auch Dave genannt, kam am 19.10.1970 zur Welt und wuchs als Einzelkind in Pahrump/Nevada (USA) auf. Sein Vater war Testpilot bei der US Air Force und unter der Woche meist auf der Basis. Sein größter Traum war, einmal in den Weltraum zu fliegen. Seine Mutter arbeitete halbtags in einem kleinen Büchershop in Pahrump und kümmerte sich um das Zuhause und den Sohn der Familie.
Insgesamt war es ein verrücktes Jahr voller Katastrophen und Kapriolen. Selbst die Planetenkonstellation im All war außergewöhnlich und kritisch. Alle Planeten in einer Linie mit der Erde, dies kommt nur aller 179 Jahre vor. Ein Höchstmaß an Kräften wirkte, das enorme Sonneneruptionen und -stürme in Richtung Erde auslöste. Dem waren das Universum, unser Planet und somit auch der Mensch ausgeliefert. Das Wetter auf der Erde ist nun einmal dem Kosmos unterworfen. In Mitteleuropa war es das ganze Jahr zu warm gewesen, nachdem der Frühling auf sich warten ließ. Es gab bis zum Jahresende fast keinen Schnee und ab dem Herbst zahlreiche sehr starke Stürme.
1983
Mit aus dem Holster gerissener Waffe schrie der Polizist, Herr Köbler, „Herrmann, du Aufrührer mit deinem ganzen Gesindel, lasst den armen Jungen in Ruhe“, dann schoss er zweimal mit seiner Pistole in die Luft. Alle waren erschrocken, selbst der abgebrühte Herrmann ließ von dem armen Heiko, dem „Bekloppten“, ab und seine Waffe fallen. Die Jungs hatten einfach zu viel getrunken. Alkohol, den sie eigentlich noch gar nicht vertrugen. Dann kam der geistig behinderte Heiko hinzu, der sich immer an dem Jugendtreff in der Nähe aufhielt, weil er sonst kaum Gesellschaft hatte. Herrmann machte sich einen Spaß daraus und wollte sich in seinem Übermut profilieren, indem er ihn erst überredete, dann schließlich zwang, den anwesenden Mädels seinen Schwanz zu zeigen und vor ihnen zu reiben. Mit Tränen in den Augen vor Scham, aber von dem Gefühl übermannt, dass jemand ihn bemerkte, machte er dies auch einfach. Zum Glück war eines der Mädels so schlau und holte Heikos Mutter, die gleich mit dem Ortspolizisten kam. Das war natürlich für Herrmann eine Gelegenheit, seine engen Grenzen und seine Macht zu erweitern, selbst über das Gesetz hinaus, indem er dem Polizisten Paroli bot, seine Schreckschusswaffe in die Luft hielt und selbst den Polizisten bedrohte, bis der in die Luft schoss. Das Ende der Party war, dass Herrmann, der Boss der Gang, mit aufs Revier musste. Die Waffe, die ja nun keine wirkliche Waffe war, wurde konfisziert und zur Belohnung gab es 40 Stunden gemeinnützige Arbeit sowie einen Verweis in der Schule vor allen versammelten Mitschülern. Scheiße, überlegte selbst Herrmann, was er doch für einen Blödsinn gemacht hatte. Aber er dachte wie immer nur an sich, nicht an den armen Heiko, den geistig behinderten Gleichaltrigen. Der hatte durch eine Impfung, auf die sein Körper anders reagierte als bei anderen Menschen, seine geistigen Entwicklungsfähigkeiten verloren.
Es war für Isabelle wieder so ein schöner Tag auf dem Hof, wie immer am Haus in der Gärtnerei. Die Sonne, das Licht, der plätschernde Bach unten am Ende des vielen Grüns am Grundstück. Die Blumen, Hasso, der ihr keinen Schritt von der Seite wich, die kleinen Lämmer, der Maikätzchen-Nachwuchs, die Wolken, der Himmel – alles war so perfekt, einfach göttlich. Jeden Tag nach der Schule, die auch sein musste, empfand sie das Glück auf Erden. Nach dem Abendbrot ging sie mit ihrem Lieblingsbuch, Grimms Märchen, ins Bett. Bei den letzten Zeilen von „Der Fischer und seine Frau“ schlief sie erschöpft, wenn auch nachdenklich ein. Aber wie nach manchem glücklichen Tag kam eine finstere Nacht………